Setrunner beim 360°-Dreh: Tortur im Steinbruch

So lief der 360-Grad Dreh für Intersport im Steinbruch Mainz-Laubenheim

Published on 22. November 2018

Written by Mathias Schwaben

Es ist ein Tag nach dem Dreh und sieben Uhr morgens. Der Wecker klingelt. Aufstehen ist angesagt. Geht nicht. Muskelkater in den Beinen. Blase am Fuß. Ich muss aber ja. Zwinge mich dann doch. Verdammt, tut das weh! Dann ins Bad, duschen, anziehen, Kaffee, Schuhe. Was ist mit den Schuhen? Verstaubt, Sohle an einer Stelle durch und löst sich am anderen Schuh komplett. Was war passiert? Ganz einfach: Wieder ein 360-Grad Dreh und dieses Mal inmitten der Steppe Sibiriens. Naja, nicht ganz, aber der Steinbruch in Mainz-Laubenheim kommt dem sicher sehr nahe. Also springen wir jetzt einen Tag zurück:

Es ist 6:00 Uhr morgens am Vortag. Ich stehe in der Kaffeeküche im Büro des Intervideo Hauptsitzes in Mainz und koche, was man in Kaffeeküchen so kocht: Kaffee. Die Kanne, die meine Kollegin mir hingestellt hat, fasst gefühlte zehn Liter. Die Maschine tut ihr Bestes, aber es wird knapp. Um 6:30 Uhr muss ich am Steinbruch in Mainz-Laubenheim sein. Geschafft. Die heutige Filmcrew trifft sich am Tor: Ein Mitarbeiter des Kunden, ein Komparse, der Regisseur und Kameramann, der Kamera-Assistent, der Projektleiter und der Setrunner – an diesem Tag bin ich das. Das mache ich nun zum zweiten Mal. Ich berichtete darüber im Blogbeitrag „Live vom 360-Grad-Dreh„. Das war damals alles andere als ein Spaziergang und so schrieb ich, dass ein Setrunner insbesondere bei einem 360°-Film tatsächlich rennen muss. Heute weiß ich: Es gibt noch eine erhebliche Steigerung von „rennen“.

Um was geht es bei diesem Dreh? Intersport möchte über seine Fachhändler potentiellen Kunden eindrucksvoll die neue Zeltkollektion präsentieren. Die Ladengeschäfte dieser Fachhändler, sprich Sportgeschäfte, befinden sich jedoch meist in Innenstädten und niemand hat den Platz mal eben an die 20 Zelte aufzustellen. Nachdem Intervideo Intersport einige Lösungsvorschläge gemacht hatte (siehe auch „Virtual Reality: Produktpräsentation am POS„), entschied sich der Kunde für die Realfilm-Variante, also den Dreh in 360 Grad.

Intervideo 360 Grad Steinbruch 1

Auf dem Weg zum geheimen See

Der Tag verspricht toll zu werden. Ende September gibt’s ja nun mal keine Garantie auf Sonne mehr. Die Vorhersage ist immerhin gut. Noch ist es aber ganz schön kalt. Wir warten eingepackt in dicke Jacken auf unseren Ansprechpartner am Steinbruch. Der kommt auch bald; ein sehr, sehr netter Mann, der seinen Job offensichtlich liebt. Er erklärt uns ein paar Sachen und übergibt uns den Geländewagen, den wir an diesem Tag nutzen dürfen. Zum genauen Drehort innerhalb des weiträumigen Geländes fährt er mit seinem „Defender“ voran und wir hinterher. Der Steinbruch ist nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Und sieht man das Areal von außen, fragt man sich auch eher, warum denn jemand den Wunsch haben sollte da rein zu gehen. Es ist ein typisches Industriegelände mit viel Beton. Aber dann fahren wir unter einer Brücke hindurch und plötzlich ist alles grün. Magie! Kalkstein wurde hier abgebaut und die Natur hat sich der Hügel und Krater in kürzester Zeit wieder bemächtigt. Mit dem Geländewagen über die steinigen Pfade durchs Unbekannte, das fühlt sich an wie ein Ausflug durch den Jurassic Park und man erwartet, dass jeden Moment der berüchtigte T-Rex aus dem Dickicht auftaucht. Der kommt zwar nicht, aber nach einer längeren Fahrt bergab kommen wir zu unserem Ziel: Ein See mit glasklarem Wasser. Es ist so schön hier, dass man sich selbst ein Zelt schnappen will, um hier nun erst mal eine Woche Urlaub zu machen…oder zwei. Unfassbar, das hat hier niemand erwartet! Schön zu sehen, wie erstaunt die anderen Crew-Mitglieder waren. Ich hatte das Erlebnis schon einmal bei der Besichtigung, bin aber auch nun wieder beeindruckt.

Intervideo 360 Grad Dreh Steinbruch

Morgenlicht am See

An einem anderen Drehort werden in dieser Woche Familienzelte gedreht. Da passte ein Campingplatz besser und wir fanden auch einen sehr schönen mit einer saftig grünen Wiese. Das war nach den Monaten ohne Regen in Deutschland gar nicht so einfach. Hätten wir nach braunen Wiesen gesucht, kein Thema. Grün? Schwer. Im Steinbruch aber sind heute die Zelte für den echten Outdoor-Freak dran. Wir brauchen schließlich echte Wildnis, um das 2-Mann-Zelt zu präsentieren, das Zelt für die Hartgesottenen, die sich fernab der Zivilisation bei Wind und Wetter ins Abenteuer stürzen. Dafür ist der Steinbruch perfekt.

Intersport 360 Grad Steinbruch 4

Unser Darsteller in Position

Schnell ist das erste der drei Zelte aufgebaut, die heute gedreht werden. Auch unser Darsteller ist begeistert von der Umgebung. Da gibt es wahrschlich schlimmere Jobs. Und ich mache heute die Klappe. Cool! Dachte ich zumindest. Denn da gibt es eine besondere Eigenart bei einem 360°-Dreh: Diese Kamera schaut halt mal in alle Richtungen. Von der gesamten Crew darf also niemand zu sehen sein. Ist ja auch kein Problem. Gemütlich schlendern bei jeder Szene alle hinter ein paar Büsche oder Felsen und der Regisseur verfolgt das, was die Kamera sieht, mit seinem iPad. Aber was ist mit dem, der die Klappe macht? Der muss das Ding nämlich genau vor die Linse halten. Dann macht es „klack“ und es wird gerannt wie nichts Gutes. Im Steinbruch ist da aber keine große Eiche mit dickem Stamm fünf Meter weiter, hinter die ich mich stellen kann. 20, 30 Meter oder mehr müssen zurück gelegt werden auf diesem steinigem Boden. Und niemand will nach der Klappe eine Minute warten, bis es los geht, also wird gerannt. Immer und immer wieder. Denn bei jedem Zelt wird die Kamera an 4 oder 5 Positionen gestellt und pro Position sind drei Klappen die Regel.

Intersport 360 Grad Video Steinbruch 5

Der potentielle Zeltkäufer will später natürlich auch das Innere sehen

Die ersten Mal keucht man ein wenig, aber steckt das noch weg. Nach sechs, sieben Stunden Dreh spart man sich die Kraft fürs Keuchen lieber auf. Ich kann zuschauen, wie sich die Nähte meiner Schuhe lösen und wie auch langsam der Leim, der die Sohle hält, aufgibt. Immer wieder knicke ich um auf einem Kiesel, einem Ast, in einer Spurrinne. Das Gelände wird mit einem anderen Zelt ja nicht besser. Im Gegenteil. Beim Dreh inmitten hoher Gräser wird der Weg noch weiter. Was war das eben für eine giftgrüne Spinne? Ist das bei der anderen ein Totenkopf auf dem haarigen Körper? Und ist sie jetzt in meinem Mund, was hab‘ ich da eben verschluckt? Wahrscheinlich sieht es auch noch furchtbar albern aus, wie ich da ständig über das Gelände hopse. He, ich hab vor drei Jahren aufgehört zu rauchen. Das war schon ne Leistung. Dann nimmt man halt mal ein wenig zu! Aber klar, Spaß gemacht hat es trotzdem. Der Mitarbeiter von Intersport war supernett, die Crew war super, es lief alles glatt. Nach einem ersten Blick auf das Material kann man schon voraussagen, dass das Projekt mit einem tollen Ergebnis aufwarten wird.

Intervideo Filmproduktion Steinbruch

Wo ist der Löwe? Erst Steppen-Look, jetzt Kenia-Anmutung

Jetzt geht es damit aber erst einmal in die Post-Produktion zum Stitching. Dabei werden die verschiedenen Ausschnitte, die jede einzelne Linse der 360-Grad Kamera aufgenommen hat, zu einem Ganzen zusammengefügt – ohne sichtbare Nähte, das ist die Kunst dabei. Später werden in den Film sogenannte Hotspots eingefügt. Der Interessent kann sich so besondere Details der Zelte anschauen oder weitere Informationen erhalten. Es wird noch ein wenig dauern. Aber wenn Ihr dann mal ein Zelt kaufen wollt, schaut doch mal bei Intersport vorbei und erlebt die Kollektion in 360 Grad! Ich hoffe dennoch, dass wir niemals in der Sahara drehen werden. „Also, nach der Kappe…siehst Du da hinten am Horizont die Oase? Renn!“

Über den Autor: Mathias Schwaben

Marketing-Experte bei Intervideo mit über 30 Jahren Berufserfahrung. Noch länger ist er allerdings Gaming-, Rock- und natürlich Film-Fan – mit einer besonderen Bewunderung für Tim Burton und Guillermo del Toro.

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